Covid-19-Kredite effizient abwickeln: PostFinance machte es vor

Im März 2020 hat der Bundesrat die unbürokratische Vergabe von Covid-19-Krediten beschlossen, um die Wirtschaft mit Liquidität zu versorgen und ihr so über die Krise zu helfen. Patrick Jacot, Leiter Credit Office und Mitglied der Direktion von PostFinance, erzählt uns im Interview, wie PostFinance die Vergabe dieser Kredite erfolgreich ermöglicht, koordiniert und mit WinCredit abgewickelt hat.
Der Bundesrat hat am 20. März 2020 ein Massnahmenpaket zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus verabschiedet. Den Unternehmungen sollte aufgrund der vom Bundesrat erlassenen Solidarbürgschaftsverordnung rasch und unbürokratisch Zugang zu Bankkrediten und somit zu Liquidität ermöglicht werden. Das Hilfsprogramm startete am 26. März 2020. Ab diesem Zeitpunkt konnten Unternehmungen ihre Anträge bei einer der am Hilfsprogramm teilnehmenden Banken einreichen.
Andrea Elmer: Was ist in dieser Zeit bei PostFinance geschehen?
Patrick Jacot: Innert weniger Tage und in kurzer Vorbereitungszeit musste PostFinance die Voraussetzungen schaffen, um ab 26. März 2020 am Unterstützungsprogramm des Bundes teilnehmen zu können. Aktuell ist es PostFinance untersagt, Kredite an Dritte zu vergeben. Aufgrund der aktiven Initiative von PostFinance hat der Bund die Partizipation am Hilfsprogramm gemäss der Covid-19 Solidarbürgschaftsverordnung vom 25. März 2020 im Rahmen von Covid-19-Krediten in der Fazilität 1 bis CHF 500'000.– genehmigt. Dadurch konnte PostFinance ihre Kundinnen und Kunden in dieser schwierigen Zeit als wichtigen Partner unterstützen.
Wie ist PostFinance der Start in dieses Hilfsprogramm gelungen?
Wir starteten mit einem erfreulich hohen Eingang an Anfragen – rund 6000 Anträge in den ersten zwei Tagen. Aufgrund der durch die Kommunikation des Bundesrates entstandenen Erwartungshaltung bei den Kundinnen und Kunden bezüglich einer schnellen Kreditvergabe (30 Minuten von Antragsstellung bis zur Kreditaussetzung), hätte ein Verarbeitungsrückstand rasch zu einem Reputationsrisiko für PostFinance werden können. Es mussten neue durchgängige E2E-Prozesse entwickelt und zahlreiche Kolleginnen und Kollegen innert kürzester Zeit für ihre Aufgaben geschult werden – und dies alles im Homeoffice. Zu Beginn standen zeitweise über 500 Mitarbeitende im Einsatz und dies auch am Wochenende. Gegen Ende des Programms, im Juli 2020, waren es täglich immer noch gegen 100 Mitarbeitende. Um das hohe Antragsvolumen der ersten Stunden bewältigen und den Einsatz der zahlreich aufgebotenen Mitarbeitenden koordinieren und organisieren zu können, wurde eine Task Force ins Leben gerufen. Nur dank einer vorbildlichen und exzellenten Zusammenarbeit sowie einer grossen Solidarität unter den Organisationseinheiten war es überhaupt möglich, ein derartiges Vorhaben in den gegebenen Zeitverhältnissen erfolgreich umzusetzen.
PostFinance wickelt die Covid-19-Kredite mit WinCredit ab. Ihr habt die Kredite in kürzester Zeit ausgesetzt und sie dann ins WinCredit überführt, um sie dort zu bearbeiten. Wie seid ihr vorgegangen und wie gut hat es funktioniert?
Aufgrund des hohen Antragseinganges in den ersten Tagen mussten wir den Plan B unserer Eventualplanung umsetzen und die Kredite vorderhand direkt im Core-System aussetzen, so dass unsere Kundinnen und Kunden rasch zu ihrer beantragten Liquidität kamen. Erst danach wurden sämtliche Kredite ins WinCredit überführt, was eine branchenkonforme und effiziente Bewirtschaftung des Portfolios für die Zukunft gewährleistet. Hier waren wir sehr dankbar, dass wir mit der Base-Net Informatik AG einen Partner hatten, der uns schnell und unkompliziert bei der Migration unterstützte.
Covid-19-Kredite wurden ohne ausführliche Kreditprüfung ausbezahlt – Schnelligkeit war das oberste Gebot. Habt ihr im Nachhinein mit Plausibiltätschecks o. ä. gearbeitet?
Ja, unbedingt und sehr umfassend. Parallel zur laufenden Antragsverarbeitung musste eine Vielzahl von nachgelagerten Kontroll- und Bereinigungstätigkeiten definiert, dokumentiert und umgesetzt werden. Wann immer möglich haben wir dabei technisch innovative Ansätze gewählt und verschiedene Prozessautomatisierungen erfolgreich umgesetzt. In dieser Nachbearbeitung lag der Hauptfokus darauf, sämtliche gewährten Covid-19-Kredite nochmals auf eine korrekte Abbildung in unseren Systemen zu überprüfen und ebenso die regulatorisch konforme Archivierung sicherzustellen. Dazu gehörte selbstverständlich auch die korrekte Meldung der gewährten Covid-19-Kredite an die Bürgschaftsgenossenschaften.
Per Ende Juli 2020 war das Programm beendet. Kannst du etwas zu den Zahlen sagen?
Die Antragsphase des Hilfsprogramms für Solidarbürgschaftskredite Covid-19 endete am 31. Juli 2020. Bis um Mitternacht konnten Kundinnen und Kunden ihre Anträge online einreichen. Mit Beendigung des Hilfsprogramms hatte PostFinance rund 17 400 Covid-19-Kredite im Umfang von rund CHF 850 Mio. im Bestand. Damit sind wir anzahlmässig die Nr. 3 in der Schweiz, was darauf hindeutet, dass PostFinance viele Hauptbankbeziehungen zu Geschäftskunden unterhält und dabei ein grosses Vertrauen geniesst.
«Wir sind anzahlmässig die Nr. 3 in der Schweiz, was darauf hindeutet, dass PostFinance viele Hauptbankbeziehungen zu Geschäftskunden unterhält und dabei ein grosses Vertrauen geniesst.»
Covid-19-Kredite sind mit Bürgschaften des Bundes abgesichert. Was verändert sich dadurch im Abwicklungsprozess und wie seid ihr vorgegangen, um Betrugsfälle zu verhindern?
Den Unternehmungen wurde auf der Website des Bundes das Antragsformular zur Verfügung gestellt. Dieses füllten sie wahrheitsgetreu aus, unterzeichneten es und reichten den Antrag bei der Bank ein. Diese prüfte das Antragsformular, führte jedoch keine explizite Kreditprüfung durch. Der vom Bund vorgesehene Prozess hat per se bereits viele Plausibilitäten vorgesehen, welche einen Betrug eindämmen (Check UID, usw.). Des Weiteren wurde primär auf eine wahrheitsgetreue Selbstdeklaration der Kundinnen und Kunden gesetzt (z. B. 10% des letztjährigen Umsatzes), welche bei Missachtung strafrechtliche Konsequenzen nach sich gezogen hätte. Zudem war es untersagt, mehrere Kreditanträge bei verschiedenen Instituten zu stellen und so mehrfach finanzielle Hilfe zu erhalten. Nach erfolgreicher Kontrolle wurde das Antragsformular an die Zentralstelle (PWC) weitergeleitet. Diese war von den Bürgschaftsorganisationen damit beauftragt, die Anträge zu kontrollieren und zu digitalisieren. Mit der Weiterleitung kam die Bürgschaft in der Höhe des Kreditbetrages und eines Jahreszinses (aktuell 0,00%) zustande. In diesem Zusammenhang musste auch ein adäquates Reporting entwickelt und gepflegt werden. Ebenso war permanent sicherzustellen, dass Kredite mit Verdacht auf möglichen Betrug umgehend an die entsprechenden internen Stellen zur weiteren Abklärung gemeldet wurden.
Wie wurde die Vergabe der Covid-19-Kredite vonseiten des Bundes entschädigt?
Im Nachgang zur Finanzierung besteht für Banken die Möglichkeit, die Covid-19-Kredite bei der SNB zu refinanzieren. Im Umfang der benutzten Kredite muss PostFinance der SNB keine Negativzinsen bezahlen, was eine Ausgabenersparnis aufgrund der Covid-19-Kredite darstellt. Die eigentliche Abwicklung wird vom Bund jedoch nicht entschädigt.
Was nehmt ihr als Bank aus der Corona-Zeit in die Zukunft mit?
Es ist sehr erfreulich, dass PostFinance in dieser Krise einen Beitrag zugunsten der Schweizer Wirtschaft leisten konnte. Die grosse Nachfrage ist ein eindeutiger Beweis für das grosse Vertrauen unserer Kundinnen und Kunden. Mit der erfolgreichen Bewältigung dieses Vorhabens hat PostFinance zudem eindrücklich unter Beweis gestellt, dass die erforderlichen Kompetenzen und Fähigkeiten in der Organisation vorhanden sind, um bei einer allfälligen Aufhebung des Kreditverbots die sich eröffnenden Chancen und Möglichkeiten rasch zu nutzen und einen hervorragenden Service im Kreditgeschäft anzubieten.
Vielen Dank für die aufschlussreichen und ausführlichen Antworten.
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